Anwesenheitsprämie – Eine Motivation zu weniger Krankheitszeiten?

Das ist eine berechtigte Frage, denn solche Prämien sind längst keine Seltenheit mehr und finden sich mittlerweile in vielen Branchen. Sie werden oft als eine Art Gesundheitsprämie vom Arbeitgeber als Belohnung für die Mitarbeiter ausgeschüttet, falls diese niedrige oder gar keine Krankheitstage vorweisen können. Im Weiteren möchten wir die Anwesenheitsprämie und ihre Vor- und Nachteile beleuchten.

Eine Anwesenheitsprämie, die auch gern als Gesundheitsprämie bezeichnet wird, ist zunächst erst einmal eine Bonuszahlung, die für die Anwesenheit eines Mitarbeiters ausgezahlt wird.

Rechtlich gesehen handelt es sich bei dieser Prämie für die Anwesenheit der Mitarbeiter um eine Sondervergütung. Damit die Ausschüttung der Anwesenheitsprämie auch rechtens ist, muss dazu eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag detailliert festgehalten sein.

Genauso wie eine Anwesenheitsprämie als Gesundheitsprämie verstanden werden und Vorteile haben kann, gibt es ebenso mögliche Nachteile. Da die Anwesenheitsprämie im Rahmen des Sachbezugs steuerfrei ist, verspricht sie bei keinen oder wenigen Fehlzeiten erst einmal einen starken Mehrwert. Doch ist das wirklich ein reiner Vorteil? Nicht unbedingt, denn die Botschaft könnte auch ganz anders aufgefasst werden. So kann dabei der Eindruck entstehen „Mein Chef denkt, ich mache krank“, was dazu führen kann, dass sich Mitarbeiter krank zur Arbeit schleppen. Und das nicht nur, um Kürzungen der versprochenen Prämie zu vermeiden, sondern auch, weil sie sich persönlich getroffen fühlen, das Pflichtgefühl groß ist und sie nicht im falschen Licht beim Chef stehen wollen. Dabei wünscht sich sicher kein Arbeitgeber, dass seine Mitarbeiter krank zur Arbeit kommen. Denn zum einen ist ein kranker Mitarbeiter nicht voll einsatz- und leistungsfähig und zum anderen verlängert ich seine Regenerationszeit. Zusätzlich kommt das Risiko der Ansteckung von Kollegen hinzu. Daher spielt die Kommunikation in der Umsetzung einer Anwesenheitsprämie eine entscheidende Rolle.

Gesetzliche Regelung zur Anwesenheitsprämie

Im Arbeitsrecht ist die Anwesenheitsprämie bzw. Gesundheitsprämie nicht geregelt, denn es gibt für sie kein explizites Gesetz. Die Grundlage bilden meistens die jeweils gültigen Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen. Als Prämie zählt sie aber zu den Sonderzahlungen und unterliegt somit dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFzG). Sie sollen nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung honorieren, stellen also kein laufendes Arbeitsentgelt dar. Sondervergütungen im Sinne des § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz können z.B. Gratifikationen sowie Kostenerstattungen, Wege- und Fahrtgelder, Lohnzuschläge und nicht zuletzt natürlich auch unmittelbare Anwesenheitsprämien sein.

Wie kann eine Anwesenheitsprämie gekürzt werden?

Die Basis zur Kürzung einer Sonderzahlung ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (§4a EntgFG) niedergeschrieben, von der nicht zu Ungunsten der Mitarbeiter abgewichen werden darf (§ 12 Entgeltfortzahlungsgesetz). Hier wird erläutert, dass die Kürzung einer Sonderzahlung im Krankheitsfall erlaubt ist – je Krankheitstag um höchstens ein Viertel des Arbeitsentgelts, welches im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag anfällt. Da das durchschnittliche Tagesarbeitsentgelt von der tatsächlichen Arbeitszeit der letzten 12 Monate abhängt, wird empfohlen, die Kürzungsvereinbarung an die Dauer der vorgesehenen Arbeitstage pro Jahr zu knüpfen. Das wären bei einer 5-Tage-Woche 260 Arbeitstage (5 × 52 = 260). Die Grundformel zur Ermittlung des Kürzungsbetrages lautet daher:

            Vereinbarter Kürzungsbetrag pro Fehltag = Jahreseinkommen/260 × ¼

Sollte der Arbeitnehmer unentschuldigt oder unberechtigt fehlen, ist ein kompletter Abzug eines Arbeitstages möglich.

Die Ausschüttung der Prämie im Mutterschutz

Leistungsminderungen aufgrund von Mutterschutzzeiten sind gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (bzgl. Gleichstellung von Mann und Frau, Art. 141 Amsterdamer Vertrag) unzulässig – somit sind auch Minderungen einer Anwesenheitsprämie nicht gestattet.

Wie kann ich eine Anwesenheitsprämie und deren Kürzung formulieren?

Eine Sonderzahlung, wie die Anwesenheitsprämie, sollte immer klar vereinbart und schriftlich festgehalten werden. So kann auch eine testweise Einführung über einen bestimmten Zeitraum ermöglicht werden, ohne dass darüber hinaus ein ungewollter Anspruch geltend gemacht werden kann. Die Niederschrift sollte im Einklang des Wortlauts aus §4a des Entgeltfortzahlungsgesetzes verfasst werden.

Um die Kürzung nicht zu gefährden, empfiehlt es sich, die Anwesenheitsprämie im Arbeitsvertrag nicht bei den Bestimmungen über das Arbeitsentgelt zu verorten, sondern an systematisch anderer Stelle, ferner nicht im Takt der laufenden Gehaltszahlungen, sondern als Einmalzahlung aus besonderem Anlass. Bei der Formulierung einer Anwesenheitsprämie und deren Kürzung helfen wir Ihnen gerne. Zur Orientierung können Ihnen die nachfolgenden Musterformulierungen dienen:

Muster 1 - Anwesenheitsprämie:  Verpflichtend ohne Freiwilligkeitsvorbehalt, also mit Rechtsanspruch

„Zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt wird als Sondervergütung eine Anwesenheitsprämie in Höhe von ______ Euro zum Jahresende (Stichtag) gezahlt. Die Zahlung erfolgt erstmalig nach einer ununterbrochenen Vertragsdauer von mindestens 6 Monaten.“

Muster 2 - Anwesenheitsprämie: Formulierung bei beabsichtigtem Freiwilligkeitsvorbehalt

„Zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt wird als freiwillige Leistung -ohne jeden Rechtsanspruch- jeweils zum Jahresende festgelegt, ob als Sondervergütung eine Anwesenheitsprämie in Höhe von ______ Euro zum Jahresende (Stichtag) gezahlt wird. Eine etwaige Zahlung erfolgt erstmalig nach einer ununterbrochenen Vertragsdauer von mindestens 6 Monaten.“

Muster 3 - Kürzung der Anwesenheitsprämie:

„Die Anwesenheitsprämie vermindert sich im Falle krankheitsbedingter Fehlzeiten sowie bei anderweitig bedingten rechtmäßigen Fehlzeiten, während der kein Vergütungsanspruch besteht, für jeden Fehltag um 1/4 des Arbeitsentgelts eines durchschnittlichen Arbeitstags. Im Falle unberechtigter Fehlzeiten vermindert sich die Anwesenheitsprämie für jeden Fehltag um ein volles Arbeitsentgelt eines durchschnittlichen Arbeitstags. Im Falle anderer berechtigter Fehlzeiten, für die ein Vergütungsanspruch bestehen bleibt, insbesondere bei Erholungsurlaub oder innerhalb der Mutterschutzfristen, findet keine Kürzung der Anwesenheitsprämie statt.“

Alternative: Leistungsprämie als Anreiz zur Zielerreichung

Im Grunde geht es in jedem Unternehmen um die Erreichung von wirtschaftlichen Zielen. Warum also nicht eine Prämie als Alternative zur Anwesenheitsprämie an die jeweilige Zielerreichung der Mitarbeiter knüpfen oder an den erfolgreichen, pünktlichen Abschluss eines Projekts? Dies ließe sich beispielsweise auch auf ein gemeinsames Team-Ziel übertragen.

In Branchen, die häufig mit hohen Fehlzeiten an Wochenenden und Feiertagen kämpfen, wäre zudem ein positiver Ansatz, nicht bei den kranken Mitarbeitern etwas abzuziehen, sondern diejenigen Kollegen zu belohnen, die für die erkrankten Kollegen einspringen.

Bevor eine Anwesenheitsprämie im Unternehmen eingeführt wird, sollte also zunächst überlegt werden, ob diese zum Unternehmen passt und ob die Möglichkeit besteht, deren Wirkung über eine entsprechende Kommunikation zu steuern. Ist das nicht der Fall, so können je nach Branche und Unternehmensgröße auch andere Herangehensweisen zum Ziel führen.